Expert View

Wir haben den Farbfilm vergessen!

Birte Jürgensen

Es gab eine Zeit, da waren unsere Ressourcen so offensichtlich begrenzt, dass Verschwendung keine Option war. Ein Farbfilm hatte 24, maximal 36 Bilder. Und 3 Filme für einen Urlaub waren schon eine Hausnummer. 100 Bilder für 4 Wochen Urlaub (ja, solange waren wir damals im Sommer unterwegs) – klar, dass man sich für jedes Motiv vor dem Knipsen entscheiden musste. 100 Bilder für 4 Wochen, geht das denn überhaupt? Ja, ging sehr gut. Und heute? Die Digitalisierung hat uns bequem werden lassen: Erst mal alles sichern, dann (vielleicht, später, irgendwann) auswählen. Ist ja auch egal, ist  doch mein Ding…

…ist es nicht: 3,7% der weltweiten Treibhausgas-Emissionen gehen 2019 auf das Konto digitaler Technik (Herstellung der Geräte und Betrieb). 2013 lag die Quote bei 2,5%. Wesentlicher Anteil an der Steigerung hat der Boom von Streaming-Anbietern und Instant-Messanger-Diensten. Sie haben den Datenverkehr und damit den Stromverbrauch in die Höhe schießen lassen. (Quelle Süddeutsche Zeitung vom 30.11.2019) Nun kann man sagen: 3,7% ist doch nicht viel. Zum Vergleich: Im Jahre 2020 verursacht Deutschland insgesamt 1,85 % der weltweiten CO₂-Emissionen (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/179260/umfrage/die-zehn-groessten-c02-emittenten-weltweit/).

Ist ja sowieso schon wenig am Gesamten? Bringt nichts, wenn ich mein Verhalten ändere und in anderen Ländern die Tendenz eher nach oben geht? Kann sein. Aber sind wir als Technologieführer in der Welt nicht diejenigen, die vorleben könnten was möglich ist? (Ziel: Leap-Frogging!) Daten sind Energie und Datenmüll belastet unsere Welt genauso wie anderer Müll. Was wäre schlimm daran etwas, was nicht wichtig für uns ist und niemandem einen Mehrwert bietet, einfach nicht zu tun?

Wie wäre es, wenn wir aus dem nächsten Urlaub mal nicht 20 Bilder über den Messenger an 15 Freunde verschicken (die sich die Bilder sowieso nicht angucken)? …Oder einfach mal ein Smiley weniger senden?